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In ihren Zeichnungen, Bildern, Skulpturen, Videoperformances, Essays sowie textilen Werken verknüpft die österreichische Künstlerin Verena Dengler politische und soziale Phänomene, autobiografische Reflexionen, kunsthistorische Referenzen sowie Zitate aus der Populär- und Jugendkultur. In der Kollision vermeintlich inkompatibler Erzählungen – sei es im Einzelwerk, sei es innerhalb von Serien oder multimedialen Displays – entfaltet sich das kritische Potential einer sich wechselseitig befragenden und aufladenden Verweispraxis, die über das Selbstreflexive hinaus übergeordnete gesellschaftliche Zusammenhänge zu hinterfragen vermag.
Ausgehend von ihrer Person, die stellvertretend für das heutige Künstlerinnendasein in der global vernetzten Kunstszene mit ihren neo-liberalen Vermarktungsstrategien steht, reflektiert Dengler in ihren jüngsten Arbeiten die „heterogenen Kategorien von Identität und Authentizität einer Künstlerin als Kunst-Figur“.¹
Die Serie von acht Zeichnungen After a Portrait of Verena Dengler by ... (2014) rückt die ökonomischen Bedingungen des Arbeitens in den Fokus, indem sie ihre Rolle als Modell und Muse beleuchtet.
Wie der Titel andeutet, handelt es sich um Selbstporträts, welche auf Arbeiten basieren, für die Dengler befreundeten Künstlern – Will Benedict, John Kelsey, Lucy McKenzie, Josephine Pryde und Tanja Widmann – zwischen 2001 und 2013 Modell gestanden hat. In der Übertragung hat Dengler die Originale – Gemälde, Fotos, Zeichnungen und Videostills – formal vereinheitlicht: blaue Buntstiftzeichnungen, allesamt 61 x 79 cm, präsentiert in weißen Rahmen. Die Serie ergibt eine, wenn auch lückenhafte biografische Narration, eingebettet in das freundschaftliche Kollektiv einer KünstlerInnengeneration, deren spezifische Sozialisierung in reellen wie auch zunehmend virtuellen Netzwerken stattgefunden hat.
Auf dem ersten Blick scheinen Denglers „Meta-Selbstporträts“² in den Personenkult des Kunstbetriebes einzustimmen, in dem die biografische und künstlerische Person des Künstlers zunehmend verschmelzen. Eine Zeichnung kehrt zudem explizit Persönliches hervor: Die Kopie ihres Porträts von John Kelsey trägt im Bildtitel den Zusatz: „Please Respect my Decision to End this Long Distance Relationship Because It Is Not Working for Me“.
Bei genauerer Betrachtung unterlaufen jedoch die mehrfach gebrochenen Verweise die Codes der Szene und legen eine weitaus kritischere Lesart nahe. So stellt die Künstlerin unter dem Pseudonym Envy Nordpol die Frage: „Wenn sie etwas kopiert, wofür sie selbst Modell gestanden hat, wer oder was ist dann das Original?“³ Indem Dengler die Arbeiten ihrer Künstlerfreunde reproduziert, eignet sie sich ihr eigenes (Ab-)Bild wieder an. Dabei schließt sie „Ansprüche künstlerischer Autorenschaft mit einem Verweis auf einen blinden Fleck der Kunstproduktion kurz: die zumeist unbekannten [und möglicherweise unbezahlten?] Modelle“.⁴ Ihre Arbeit kann somit nicht zuletzt als ein Kommentar zum aktuellen Kult um Künstlerkollaborationen und die Ökonomisierung dieser Beziehungen gelesen werden.
1 Margareta Sandhofer, Pressetext „Dengled Up in Blue“, Ausstellung Galerie Meyer Kainer, Wien, 19.11.2014 – 16.01.2015.
2 Pablo Larios, „Me, myself & I. Über literarische Selbstportraits in der neueren Kunst“, in: frieze d/e, Nr. 20, Juni-August 2015.
3 Verena Dengler, Zitat aus „Dengled Up In Blue. Essay Dr. Envy Nordpol“, 2014, Galerie Meyer Kainer, Wien.
4 Bettina Brunner, „Verena Dengler. Galerie Meyer Kainer, Wien“, in: frieze d/e, Nr. 18, März/April 2015.
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In ihren Zeichnungen, Bildern, Skulpturen, Videoperformances, Essays sowie textilen Werken verknüpft die österreichische Künstlerin Verena Dengler politische und soziale Phänomene, autobiografische Reflexionen, kunsthistorische Referenzen sowie Zitate aus der Populär- und Jugendkultur. In der Kollision vermeintlich inkompatibler Erzählungen – sei es im Einzelwerk, sei es innerhalb von Serien oder multimedialen Displays – entfaltet sich das kritische Potential einer sich wechselseitig befragenden und aufladenden Verweispraxis, die über das Selbstreflexive hinaus übergeordnete gesellschaftliche Zusammenhänge zu hinterfragen vermag.
Ausgehend von ihrer Person, die stellvertretend für das heutige Künstlerinnendasein in der global vernetzten Kunstszene mit ihren neo-liberalen Vermarktungsstrategien steht, reflektiert Dengler in ihren jüngsten Arbeiten die „heterogenen Kategorien von Identität und Authentizität einer Künstlerin als Kunst-Figur“.¹
Die Serie von acht Zeichnungen After a Portrait of Verena Dengler by ... (2014) rückt die ökonomischen Bedingungen des Arbeitens in den Fokus, indem sie ihre Rolle als Modell und Muse beleuchtet.
Wie der Titel andeutet, handelt es sich um Selbstporträts, welche auf Arbeiten basieren, für die Dengler befreundeten Künstlern – Will Benedict, John Kelsey, Lucy McKenzie, Josephine Pryde und Tanja Widmann – zwischen 2001 und 2013 Modell gestanden hat. In der Übertragung hat Dengler die Originale – Gemälde, Fotos, Zeichnungen und Videostills – formal vereinheitlicht: blaue Buntstiftzeichnungen, allesamt 61 x 79 cm, präsentiert in weißen Rahmen. Die Serie ergibt eine, wenn auch lückenhafte biografische Narration, eingebettet in das freundschaftliche Kollektiv einer KünstlerInnengeneration, deren spezifische Sozialisierung in reellen wie auch zunehmend virtuellen Netzwerken stattgefunden hat.
Auf dem ersten Blick scheinen Denglers „Meta-Selbstporträts“² in den Personenkult des Kunstbetriebes einzustimmen, in dem die biografische und künstlerische Person des Künstlers zunehmend verschmelzen. Eine Zeichnung kehrt zudem explizit Persönliches hervor: Die Kopie ihres Porträts von John Kelsey trägt im Bildtitel den Zusatz: „Please Respect my Decision to End this Long Distance Relationship Because It Is Not Working for Me“.
Bei genauerer Betrachtung unterlaufen jedoch die mehrfach gebrochenen Verweise die Codes der Szene und legen eine weitaus kritischere Lesart nahe. So stellt die Künstlerin unter dem Pseudonym Envy Nordpol die Frage: „Wenn sie etwas kopiert, wofür sie selbst Modell gestanden hat, wer oder was ist dann das Original?“³ Indem Dengler die Arbeiten ihrer Künstlerfreunde reproduziert, eignet sie sich ihr eigenes (Ab-)Bild wieder an. Dabei schließt sie „Ansprüche künstlerischer Autorenschaft mit einem Verweis auf einen blinden Fleck der Kunstproduktion kurz: die zumeist unbekannten [und möglicherweise unbezahlten?] Modelle“.⁴ Ihre Arbeit kann somit nicht zuletzt als ein Kommentar zum aktuellen Kult um Künstlerkollaborationen und die Ökonomisierung dieser Beziehungen gelesen werden.
1 Margareta Sandhofer, Pressetext „Dengled Up in Blue“, Ausstellung Galerie Meyer Kainer, Wien, 19.11.2014 – 16.01.2015.
2 Pablo Larios, „Me, myself & I. Über literarische Selbstportraits in der neueren Kunst“, in: frieze d/e, Nr. 20, Juni-August 2015.
3 Verena Dengler, Zitat aus „Dengled Up In Blue. Essay Dr. Envy Nordpol“, 2014, Galerie Meyer Kainer, Wien.
4 Bettina Brunner, „Verena Dengler. Galerie Meyer Kainer, Wien“, in: frieze d/e, Nr. 18, März/April 2015.